Künstlerin

Sabine Kunz beim Drucken des Kunstprojektes „Weiblichkeit-Sinnlichkeit-Fruchtbarkeit“

Mein Hauptarbeitsgebiet ist der großformatige Farbholzschnitt. Die Abzüge entstehen im Handabrieb mit dem Falzbein. Meine Druckstöcke lassen sich zu Stelen und Objekten montieren und gemeinsam mit den Stelen und Objekten ausstellen. Von den großen Druckstöcken entstehen nur wenige Abzüge, oftmals nur ein oder zwei. Die Druckstöcke werden von mir inividuell farbig eingewalzt, so daß jeder Abzug einmalig ist.

Sabine Kunz

Über mich

Werdegang und Ausbildung

1994Abschluss Aufbaustudium Freie Grafik: Künstlerbuch „Hiob“ nach dem Gedicht von Ivan Goll
1993Geburt der Tochter Lena Tamara 
1990Diplom – Bildende Kunst – Fachrichtung Bildteppich – Malerei 
1990Einladung East-Side-Gallery, Malerei „Die Tanzenden“, Berliner Mauer
1990Aufbaustudium Grafik/Malerei bei Prof. Frank Ruddigkeit & Prof. Thomas Rug 
1984Studium an der Burg Giebichenstein, Hochschule für Kunst und Design, Halle bei Prof. Inge Götze
1982Praktikantin an der Textilmanufaktur Halle 
1962in Zwickau geboren, Abitur und Facharbeiter in Plauen

Beteiligungen an Ausstellungen (Auswahl)

2022Kunstwochen Radewell – Workshops und Ausstellungen
2019Gemeinschaftsausstellung der Kunstmitte – Kunstmesse in Mitteldeutschland Magdeburg vom 5. bis 8. September 2019 anl. des 20. jährigen Bestehens der städtischen Ateliers in den Tessenowgaragen; Leipziger Buchmesse, Marktplatz Druckgrafik, Buch „fliegende wesen“ mit neun Originalholzschnitten; Ausstellung vom 22.11.2019 bis 7.12.2019 und LESUNG am 30.11.2019 im Künstlerhaus “Goldener Pflug, Alter Markt 27, Halle (Saale), Präsentation: Originalgrafisches Künstlerbuch “fliegende wesen” mit Gedichten von Holger Benkel und Holzschnitten von Sabine Kunz, Malerei und Skulptur Jörg Riemke, unterstützt durch die Stadt Halle (Saale)
2018Beteiligung an der Ausstellung „Künstlerhaus „Goldener Pflug“ stellt sich in der „Willi-Sitte-Galerie“ vor, (vom 26. November bis 18. Februar 2018), 
2018Beteiligung am Projekt WindNODE – Das Schaufenster für intelligente Energie aus dem Nordosten Deutschland, SINTEC, BMWi; 
2016/2017„Schau in der Willi-Sitte-Galerie beleuchtet das Werk von Sigfried Berger“ Ausstellungsbeteiligung in der Willi-Sitte-Galerie in Merseburg im November bis Januar 2017 gemeinsam mit Jörg Riemke
2016„Künstlerhaus „Goldener Pflug zu Gast auf Schloss Ostrau“ Beteiligung an der Ausstellung und im Podium beim Künstlergespräch gemeinsam mit dem MDR / Ausstellungsdauer vom 4. September bis 6. November 2016;
2016„12. Langer Abend der Galerien“ im Pflug am 26.11.2016 Ausstellung Gemeinschaftsausstellung mit den anderen Künstlern im Haus und Präsentation im Atelier von Sabine Kunz: Titel: „Träumen 2016“
2015Ausstellungsbeteiligungen zu „sichtbar“ anlässlich der Händelfestspiele und zum „Langen Abend der Galerien“ mit den anderen Künstlern des Künstlerhauses „Goldener Pflug“; „Geheimnisse aus dem Raum“ im Rahmen der Händelfestspiele Künstlerhaus Ausstellung vom 5. bis 14 Juni 2015 
2013BBK Projekt „Neue Kunst in alten Mauern“ Neumarktkirche in Merseburg mit Kunstprojekt „Heart, pain and anything.“ 
2010Berliner Mauerbild II. Fassung
2003mdr-Funkhaus Künstler der Tessenowgaragen, Magdeburg
2002Galerie Miro, Prag
1997Druckgrafik aus Halle, KH Karlsruhe, KV Salzgitter, centre culturel franco-allemande nantes/france, nordico Museum Linz, Österreich
1995West-Ost, Wörth am Rhein
1990east-side-gallery, Berlin Mauerbild „Die Tanzenden“, Acryl

Stipendien

2020Arbeitsstipendium – „Die menschliche Figur in der Coronazeit“ – Sabine Kunz – Drei Bilder – Das Stipendium „Kunst im Netz“ gefördert von der Investitionsbank des Landes Sachsen-Anhalt: Präsentation
1998 – 1999Künstlerhaus Altmarkkreis Salzwedel
1997Stipendium Schloss Wiepersdorf
1997Stipendium Stiftung Kulturfonds, Berlin 
1996, 1997, 1998, 1999Arbeitsaufenthalte Progetto Civitella d’Agliano, Italien
1993Arbeitsstipendium Land Sachsen-Anhalt
1992Stipendium der Stiftung Kulturfonds, Berlin

Kunstprojekte

2008Kunstprojekt Liebesstelen und Lyrik zu den „Poetischen Gedanken“ G. Ph. Telemanns von 1711 innerhalb der 19. Magdeburger Telemann-Festtage „Telemann und Händel“ im Gesellschaftshaus Magdeburg
2006Kunstprojekt „Emergenz“ am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg im Jahr der Wissenschaft
2005Kunstprojekt „Weiblichkeit-Sinnlichkeit-Fruchtbarkeit“, Kulturfestung Mark und Johanniskirche anlässlich der 1200 Jahre-Feier in Magdeburg
1999Kunstprojekt „Heart, pain and anything else“, Installation mit Druckstöcken, Mönchskirche, Salzwedel
1997„Die dritte Dimension“, Intallation mit Druckstöcken in der Landschaft

Ausstellungstätigkeit

2021Januar – Arbeitsaufenthalt Künstlerhaus Schloß Plüschow 
2020Personal-Ausstellung “fortunata”, Farbholzschnitte von Sabine Kunz in Galerie & Kunstverein Teterow vom 6. März bis 18. April, Eröffnung am 6. März 2020 – Schließung am 15.3.2020 wegen Corona der Galerie Teterow
2020Arbeitsstipendium – „Die menschliche Figur in der Coronazeit“ – Sabine Kunz – Drei Bilder – Das Stipendium „Kunst im Netz“ gefördert von der Investitionsbank des Landes Sachsen-Anhalt Präsentation
2019Kunstpreis Allee-Center-Art 2019 Stadtsparkasse Magdeburg. Art Kreuzberg Ausstellung “Figürliche Malerei” und Gespräch über die Entstehung meines Bildes “Die Tanzenden” an der East-Side-Gallery, Cafe Breackout zur Eröffnung der ARTKreuzberg, Berlin. Künstlersymposium in Schlamau – Stiftung eines Druckstockes für den Studien- und Reflexionspark Schlamau. INSEL-Discurs ”Ungeschützte Bilder, eine vergessene Idee – was wird aus der East-Side-Gallery”, Inselgalerie, Berlin, zusammen mit T. Casanueva, Chr. MacLean und Sabine Kunz
2018Personal-Ausstellung – Malerei „Menschen“, Rathaus zu Halle (Saale) gemeinsam mit Jörg Riemke
2015„Lesen im Pflug“ Ausstellung Holzschnitte zu den Gedichten von André Schinkel/Lesung Künstlerhaus „Goldener Pflug“ 
2014Offenes Atelier und Foyer im Künstlerhaus Goldener Pflug Ausstellung „Die Indienreise – Sabine Kunz“ 
2013Willi-Sitte-Galerie in Merseburg – Personalausstellung „fons et origo“ – mit großformatigen Druckstöcken, Farbholzschnitten & Malerei

„kulturprodukt“ – Atelier Sabine Kunz/ Jörg Riemke: Einblicke ins Atelier und die Präsentation von Farbholzschnitten. Schloss Ostrau Ausstellung – Malerei „Mutter und Kind“.
2012Gründung & Mitglied des Künstlerhauses „Goldener Pflug“, Alter Markt 27, 06108 Halle (Saale). Salzlandsparkasse Filialen Bernburg/Schönebeck Kunstprojekt „Weiblichkeit-Sinnlichkeit-Fruchtbarkeit“ und „Emergenz II“ 
2010Einladung an die Berliner Mauer, East-Side-Gallery Malerei Bild „Die Tanzenden“, 3,80 x 8,20 cm. II. Fassung, Fertigstellung Juni nach dem Entwurf von 1990. Ausstellung in Galerie Dr. Strelzer und Zaglmaier gem. mit Jörg Riemke
2008Liebesstelen und Lyrik zu den „Poetischen Gedanken“ G. Ph. Telemanns von 1711 – Kunstprojekt im Rahmenprogramm der 19. Magdeburger Telemann-Festtage „Telemann und Händel“ Gesellschaftshaus Magdeburg
2006Kunstprojekt „Emergenz“ am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg im Jahr der Wissenschaft
2005Kunstprojekt „Weiblichkeit – Sinnlichkeit – Fruchtbarkeit“ in der Kulturfestung Mark und in der Johanniskirche anlässlich der 12hundert Jahrfeier Magdeburgs
2004Stadt- und Saalkreissparkasse Halle
2003Kunstkaufhaus, Leipzig; Galerie Patz, Magdeburg
2002Galerie Neues Theater gem. mit Jörg Riemke/Nominierung und Installation „Apfelmund“, Druckstock im Sozialministerium 
2001Kulturhaus der Mansfelder Bergarbeiter, Eisleben
2000Geburt der Söhne Wenzel Julius & Fabian Aurelius 
2000Connex-ZeitKunstGalerie, Halle
1999Mönchskirche, Salzwedel „Kunstprojekt & Installation „Heart, pain and anything else“. Schloss Lichtenburg, Prettin. Ausstellung Galerie Himmelreich mit D. Priese, Magdeburg
1998Galerie Marktschlösschen, Halle 
1996Galerie Alter Markt, Halle
1995Foyer-Galerie, Opernhaus Halle
1991Dresdner Bank, Halle

Werke in öffentlichem Besitz

2009Timm Elektronik Reinbeck Hamburg: Druckplatten WolkeBlatt, Mund, u.a.
2007Toepel Bau Holzschnitte
2002„Apfelmund“, Sozialministerium Magdeburg
1999Avacon Braunschweig „Apfel-Krone-Fisch-Schuh“

Kunst im öffentlichen Raum

1995„Wasser-Erde-Luft“, Sgraffito, Gestaltung Fassade Halle-Ammendorf, Merseburger Straße 437
1990east-side-gallery, Berlin Mauerbild „Die Tanzenden“, Acryl

Künstlerbücher

2018Erscheinen des Buches „fliegende Wesen“ mit neun Orginalholzschnitten zu Gedichten von Holger Benkel in der Weberknecht Edition gedruckt von Rainer Rausch
2009„meißelbrut“ – Holzschnitte/ Buch zu Lyrik von Holger Benkel
1995„Adam und Eva“, „Frühlingswinter“
1994„Quelletraum“
1992„Hiob“

Studienaufenthalte

2011-2020Arbeitsaufenthalt in Latium, Italien 
2002 und 2003 Progetto Civitella d’Agliano in Latium, Italien 
1998, 2010, 2019, 2020, 2021Studienaufenhalt Künstleraufenthalt Mecklenburg-Vorpommern Schloß Plüschow
1998Fundacio Tellers Ilorens Artigas, Gallifa/Barcelona, Spanien 

Förderungen

2012Gründung & Mitgliedschaft im Künstlerhaus Goldener Pflug, Alter Markt 27, Halle (Saale)
2010Arbeitsaufenthalt Schloss Plüschow
2009Atelier Calbe
2002 – 2009Künstleratelier Tessenowgaragen, Atelierstipendium Landeshauptstadt Magdeburg, Kulturbüro

Presse (Auswahl)

Ostern 2013 Beitrag im „MDR-Fernsehen“: Bild „Die Tanzenden“ 1990-2010 befand sich an der „East-Side-Gallery in Berlin. 

Interview mit Sabine Kunz
zu 30 Jahre East Side Gallery

Ich, Sabine Kunz bin in Zwickau in Sachsen geboren. Mein Vater war Bereichsleiter für den Funk bei der Deutschen Reichsbahn für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Meine Mutter war Verkaufsstellenleiterin.

Meine Mutter wusste wie wichtig mir das war und sie hatte jahrelang meine malerischen und zeichnerischen Fähigkeiten begleitet. Sie war es, die den Kontakt zur Frau von Karl-Heinz Jakob, den bedeutendsten zeitgenössischen Maler in Zwickau herstellte. Meine Mutter kannte viele Leute in Zwickau. Sie verkaufte Fernseher. Das war in der DDR ein sehr großer Engpass. Durch diese Verkaufsstelle kannte meine Mutter alle wichtigen Menschen in der Stadt. Vermutlich hatte sie auch an Familie Jakob einen Fernseher verkauft. So war es für sie leicht Frau Jakob anzurufen, mit der Bitte, dass ich den Zeichenzirkel ihres Mannes besuchen dürfe.

Ich war damals erst 12 oder 13 Jahre alt. Deshalb konnte ich noch nicht mit in das Förderstudio für Malerei und Grafik gehen – welches der Maler Karl-Heinz Jakob leitete. Er hatte jedoch zusätzlich Mittwochs noch einen Zeichenzirkel im Martin-Hoop-Werk. In diesen Zeichenzirkel durfte ich mitgehen und mich zwischen den künstlerisch schaffenden Arbeitern unter seiner professioneller Anleitung mit dem Stillleben, dem Akt und farbigen Studien auseinandersetzen. Es war ein sehr lehrreiche Zeit, in der ich jeden Mittwoch gemeinsam mit Karl Heinz Jakob in den Zeichenzirkel fuhr. Er hatte in diesen Jahren stets ein offenes Ohr für alle künstlerischen und philosophischen Fragen, die mich in der Zeit vom 13-16 Lebensjahr bewegten. Mit meinen entstandenen Zeichnungen konnte ich zu ihm gehen, um mir Korrektur geben lassen. Es entstanden eine Reihe Zeichnungen, Grafiken (Radierungen und Lithographien), die ich in die Mappe für die Eignungsprüfungen an den Kunsthochschulen legen konnte. Meine ersten künstlerischen Wege begleiteten zusätzlich mein Schwager Uwe Bullmann und meine Cousine Brigida Böttcher, beide Maler. Vermutlich hatte ich genügend Arbeiten und ich hatte drei unabhängige Mappen, die ich in Halle, Berlin, Schneeberg vorlegen konnte.
Mit diesen Bewerbungen begann für mich die Loslösung aus meinem Elternhaus.

Im Sommer 1970 war ich mit meiner Freundin Lea im Pirin Gebirge von Bulgarien wandern. Gerade zurück, teilte mir meine Mutter mit, dass mein zugesagter Studienplatz in Halle (Saale) an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein im Fachbereich Kunst – Bildteppichgestaltung mir wieder entzogen wurde.
Ich las den Brief aus dem Rektorat für Studienangelegenheiten völlig fassungslos. Der Wortlaut war in etwa folgender „Auf Grund der Mehrfachbewerbungen von Sabine Kunz an der Fachhochschule Schneeberg, an der Kunsthochschule Berlin Weißensee und an der Burg Giebichenstein in Halle entziehen wir ihr den Studienplatz, da Mehrfachbewerbungen in der DDR nicht zulässig sind.“

Ich war sehr ratlos. In der Tat hatte ich mich an mehreren Schulen beworben. Die Eignungsprüfungen in Schneeberg, Berlin und in Halle hatte ich erfolgreich bestanden. Mein Ziel Malerei und Grafik zu studieren bekam Klarheit.

Somit alles umsonst?
Auch meine Berufsausbildung in Plauen als Facharbeiter für Textiltechnik mit dem Abitur, die kurz vor dem Abschluss stand, um dann zum Studium der freien Kunst zu gehen – wurde fragwürdig.

Meine Mutter wusste Rat. Sie war nicht untätig vor der Ankunft des Briefes. Sie hatte die Mutter meiner Freundin um Rat gebeten, deren Idee war in Halle im Rektorat für Studienangelegenheiten anzurufen und bei Herrn Professor H., einem alten Mann – wie ich dann bald sehen konnte – einen Vorstellungstermin zu vereinbaren.

Meine Mutter war entschlossen mit mir nach Halle an die Burg zu ziehen und im Rektorat vorzusprechen. Das taten wir dann auch. Wir kamen im Neuwerk 7, Halle (Saale) an und wurden empfangen. Meine Mutter erklärte dem Professor, dass ich ein grundehrlicher Mensch sei, welche Wichtigkeit dieses Studium für mich hätte und das sie es absolut nicht verstehe, wie man ein jungen Menschen den Weg so verbauen könne. Dazu kam die lästige Frage, wieso das Rektorat für Studienangelegenheiten eigentlich wüsste, das ich die anderen Eignungsprüfungen erfolgreich bestanden hätte?

Der Professor versuchte sich zu rechtfertigen und fragte mich wie mein Plan wäre und was mit Inge Götze, meiner zukünftigen Dozentin abgesprochen wäre. Ich sagte ihm, das ich jetzt ein zweijähriges Praktikum an der Textilmanufaktur machen wolle, als Vorbereitung für das Kunststudium und mein Studienplatz von ihrer Seite gesichert sei. Ich sagte ihm auch noch, dass wir in dem Vorpraktikum eine Woche zeichnen und eine Woche praktische Arbeit in der Manufaktur für Gobelins geplant haben. Er hörte mir zu und ich war sehr gespannt auf seine Antwort. Sie lautete: Ich gestatte Ihnen ein „Probejahr“ zu machen und wenn ich in diesem Jahr nichts von Ihnen „höre“, dann dürfen Sie bei uns studieren. Diese verhaltene Drohung hieß für mich, ich soll mich „brav“ benehmen.
Ich nahm das an. Ich war froh, dass man mir nicht den Studienplatz entzogen hatte. Innerlich etwas gedemütigt ging ich in das erste Praktikumsjahr, bemüht „keine Fehler“ zu machen.
So war ich mit 19 Jahren, kurz vor meinem 20. Geburtstag in Halle an der Burg Giebichenstein.
Ich hatte dort zunächst 2 Jahre Zeichnen und lernte noch zusätzlich Flachweberei und Hochweberei. Danach war ich in der Lage, nach eigenem Entwurf, einen Gobelin komplett allein zu weben.

Während des Studiums der freien Künste bei Inge Götze reisten wir viel zu bedeutenden Ausstellungen nach Berlin (Ost), Dresden, Petersburg, Lodz. Aber die Gängelei ging an der Hochschule weiter.
Zum Glück waren die Professoren selbst Künstler und so war das Studium dann doch für uns ein Freiraum für eine persönliche künstlerische Entwicklung. Wir erhielten eine systematische klassisch fundierte Ausbildung mit dem Schwerpunkt der Umsetzung der menschlichen Figur.
Im Vordiplom war das Thema ein mehrfiguriger Entwurf. Im Diplom entstand dann eine 2 m x 4 m große mehrfigurige Arbeit für einen Konferenzraum im Grand Hotel in Berlin, die den Abschluss meines Kunststudiums bildete.
Der Mauerfall und mein Diplom waren zeitgleich.
Ich war jedoch so in meine Diplomarbeit an der Kunsthochschule vertieft, dass ich von dem Vorspiel der Maueröffnung wenig mit bekommen habe. Die Mauer war noch im Kopf.
Als ein Aufruf an die Hochschule Burg Giebichenstein erfolgte, sich an dem Bemalen der Ostseite der Berliner Mauer zu beteiligen, bedeutete es für mich ein Erwachen. Als meine Professorin mir sagte, dass an der Berliner Mauer gemalt wird und das sich die Studenten dafür auch beerben können, machte ich einen Entwurf im Maßstab 1:25.
Mein Entwurf wurde angenommen.

Und so fuhr ich zur Ausführung meines Entwurfes gleich Anfang Juni 1990 nach erfolgreich bestandenen Diplom nach Berlin. Letztlich immer noch nicht so richtig aus dem DDR-Schlaf erwacht. Ich besah mir die Situation vor Ort. Meinen Trabi stellte ich gegenüber ab. Es war damals schon viel Verkehr. Ergriffen von einer heftigen Gefühlswelle stand ich nun entfernt auf der anderen Straßenseite vor dieser riesigen Mauer und der Herausforderung ein Bild zu malen. Für mich war es für die Ewigkeit. Das als Emotion. Das heißt, ich spürte die geschichtliche Herausforderung. Ich spürte auch die künstlerische Anforderung und die Chance ein großes Werk zu schaffen. Ich begriff, das jetzt etwas Neues beginnt. Langsam schrittweise mit neuen Möglichkeiten, aber auch Einschränkungen. So wurde meine Diplomarbeit nie aufgehängt, weil im Grand Hotel Berlin sich die Besitzverhältnisse verändert hatten.

Ich kannte bisher nichts anders als die DDR und die Länder des Ostblockes.
Ich wurde dann im Anblick der Berliner Mauer schon von einer merkwürdigen Euphorie ergriffen, die diese kahle Straße, die diese imaginäre Öffnung ausstrahlte – ohne das ich etwas vom Westen gesehen hatte. Ein Gefühl von Freiheit, symbolisch der offene Himmel, die Weite über der Berliner Mauer beeindruckte mich.
Direkt nun auf Armlänge ! vor Ort vor der Berliner Mauer stehend, ich und allein mit meinem kleinen Entwurf. Neben mir war alles frei. Nur graue Mauer. Ein paar Künstler, die über das Abkratzen der Plakate auf der Mauer fachsimpelten. In mir Ungeduld. Im Rückblick ein hochqualifiziertes Kunststudium. Ich wollte meine malerische Kraft unter Beweis stellen. Endlich malen. Ein Bauwagen mit Farben, da wo heute noch ein Loch ist in der Mauer, da stand der Bauwagen. Jemand gab Farbe raus. Da konnten wir auch nach getaner Arbeit am Bild die Leiter einstellen. Da ist mir vielleicht auch Christine MacLean begegnet. Ich kann mich aber nicht an sie erinnern, dafür aber an meine Nachbarin, die den Spruch vom Erich Fried malte und an Gespräche mit ihr. Sie ist schon verstorben.

Unmittelbar vor den grauen Mauersegmenten stehend hinter mir die stark befahrene Straße und mein Trabbi, vor mir seitlich ein Wachturm – erst da kam mit dem Malen meines Bildes für mich das tiefe freudige Gefühl langsam hoch, frei zu sein.
Dies habe ich mit meinem Bild “Die Tanzenden” ausgedrückt.

In einem Anfall von Intuition, Arbeitswut und der Herausforderung eine malerisch wertvolles Bild zu schaffen (egal wie lange es Bestand haben sollte), begann ich mit der Kohlevorzeichnung, die mir richtig schnell von der Hand ging. Ich glaube, ich arbeitete Tag und Nacht durch, ohne Pause… endlich meine malerische Kraft unter Beweis stellen zu können. Ich arbeitete auch in dem Bewusstsein hier etwas Außergewöhnliches zu schaffen, das eng mit meiner eigenen Geschichte in Verbindung stand. Schaue ich zurück, können diese Figuren eine Art Lebensentwurf darstellen. Ein farbiger Marsch in die Freiheit, eine Vision von Leben:
Die zentrale Figur in der Mitte bin ich. Was ich in der Hand halte, bleibt offen: Tamburin, Weltkugel oder Geldbeutel. Die rechte äußere Figur mit dem Fähnchenkopf oder dem Wendehals stellt für mich den Einmarsch der Bedrohung dar. Das gilt auch heute, denn unabhängig in welchen System; die Gefahr bleibt. Die gelbe Figur und überhaupt das Gelb im Bild bedeuten für mich die positive Energie, die Sonne und Licht ausstrahlen. Wie eine Vorahnung können die Figuren neben mir meine Kinder sein: Lena, Wenzel und Fabian.
Die schönste Erfahrung mit der East Side Gallery, der größten Open Air Gallery der Welt, fand im September 1990 statt. Es war die gelungene Eröffnung, auf einem Schiff an der Spree, mit Anwesenheit von allen Künstlern aus der ganzen Welt, die damals spontan mitgemalt haben. Es war ein sehr stark beachtetes Ereignis mit Fernsehen, Rundfunk und Presse. Mein Bild fiel einer Managerin vom ZDF wegen seiner malerischen Kraft auf.
Sie wollte mir gern bedeutende einflussreiche Partner in Berlin vorstellen. Ich lehnte das intuitiv ab, weil ich mir noch unsicher war, wie ich künstlerisch weiterarbeiten wollte.
Von allen Bildern der Künstler an der ESG entstand damals ein schöner Katalog, den ich gemeinsam mit meinem Originalentwurf hüte.
Von 1990 bis 1994 begann ich ein Aufbaustudium in der freien Grafik und wandte mich intensiv dem Farbholzschnitt zu. In dieser Zeit, 1993, wurde meine Tochter Lena geboren.
1994 wurde eine Künstlerinitiative der ESG gebildet, deren Mitglied ich wurde.
In dieser Zeit war ich sehr mit Ausstellungstätigkeit gemeinsam mit Jörg Riemke (Maler und Bildhauer), sowie mit Künstleraufenthalten in Schloß Wiepersdorf, Schloß Plüschow und mehreren Studienreisen nach Italien (Progetto Civitella de Agliano), und mit meiner Tochter Lena.
Ende des Jahres 1999 bat mich die Künstlerinitiative mein Mauerbild nochmal auf Leinwand ca. 70 x 130 cm zu malen. Dieses Bild sollte in der Botschaft von Korea in einer Ausstellung gezeigt werden. Die Umsetzung dieses kleinen zweiten Mauerbildes fiel mir auf Grund der Schwangerschaft schwer. Dieses Bild wurde weder honoriert, noch habe ich es jemals wiedergesehen. Auch auf Anfrage und Bitte wurde es mir nicht ausgegeben. Meine Erfahrungen mit der Künstlerinitiative waren sehr zwiespältig.
Im Jahre 2000 wurden die Zwillinge Wenzel und Fabian geboren.
2002 erhielt ich in der Landeshauptstadt Magdeburg ein großes Atelier.
Hier konnte ich mehrere große raumfüllende, farbige Holzschnittprojekte realisieren und in der Festung Mark, dem Max- Planck-Institut, sowie in dem Gesellschaftshaus in Magdeburg ausstellen. Sie bilden für mich gleichzeitig einen Bezug zu meiner Arbeit, meinem Bild an der Berliner Mauer. Zu sehen sind diese überlebensgroßen Holzschnittprojekte unter www.kunz-art.de/kataloge.
Im Jahre 2010 wiederholte ich auf Einladung mit allen anderen Künstlern mein Bild an der Berliner Mauer.

Mein Bild und die Berliner Mauer lassen mich nicht los. Das Bild läuft mir und meinem Künstler-Leben hinterher.

Die Mauer ist aufgehoben in doppelten dialektischen Sinne. Aufgehoben als Denkmal des Schreckens und aufgehoben durch die Freude der Wiedervereinigung, die sich in den Bildern der vielfältigen Malerei meiner Kollegen ausdrückt. Beides zusammen macht den großen Wert des Denkmals aus.

Ich wünsche mir hinter meinem Bild den freien Himmel, den unverstellten Blick und auf der Spreeseite wünsche ich mir einen Skulpturenpark.
Dafür habe ich mich eingesetzt.

Die Kultur und die Kunst ist für die Gesellschaft wichtig.
Die Menschen passen sich immer mehr dem Computer und den Sehgewohnheiten – mit den entsprechenden Abhängigkeiten – an. Die Folgen für uns und die nächsten Generationen müssen dann die Ärzte versuchen auszubügeln. In dem wir kreative Intuition und hohe Meisterschaft für bildende Künste fördern, schaffen wir mit Kunst und Kultur ein Gegengewicht.
Im Jahre 2013 wurde ich vom Bezirk Friedrichshain Kreuzberg zu einem Hearing eingeladen. Hierbei ging es um die Gestaltung der Fläche hinter der Mauer auf der Spreeseite. Ich stellte meine Projektidee zu einem Skulpturen-Park vor.
Vielleicht war es ja eine schöne Illusion, dass hinter der Mauer die Freiheit ist. Diese Freiheit – eben der Kommerz – rückt nun dicht an die Mauer heran.
Wir müssen uns eingestehen, dass der Kommerz, was die Gestaltung der Spreeseite betrifft, eindeutig schneller war und das Schlafen von Verantwortlichen ausgenutzt hat. Aber trotz Wohnturm und Hotelneubau und weiteren Beeinträchtigungen wird die ESG für Besucher aus aller Welt von Interesse bleiben.
Auf der ARTKREUZBERG am 7.9.2019 um 15 Uhr stelle ich im Cafe Breackout in der Bergmannstrasse 22, neben einer Ausstellung mit „figürlicher Malerei“ meine Idee zum Skulpturen Park noch einmal in einem Gespräch vor.
Sabine Kunz – Künstlerin
11.8.2019